Ja nun, die Tante Telekom hat noch nicht geantwortet. Wahrscheinlich wird diese so ausfallen, wie hier und ich laufe in Zukunft dort zumindestens mal als verdächtig.

Mittlerweile (also heute) hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zu den Netzsperren beschlossen. Darin finden sich kleine Nettigkeiten, wie Thomas Stadler im Vergleich der Entwürfe vom 1. April und gestern herausfand. Am interessantesten finde ich, dass es nun nicht mehr darum geht, dass Seiten mit KiPo Inhalten durch die Provider Sperren blockiert werden sollen, sondern Seiten, die auf der Liste des BKA stehen. Der Liste, die geheim ist und deren Inhalt niemand überprüfen kann. Zitat bei fefe:

(...) Und so wird im Handumdrehen aus einem Gesetz gegen Kinderpornographie ein Gesetz zum Zensieren von Seiten, die auf einer Liste stehen. Schwupp-di-wupp. Und sie mußten nur ein paar Wörter streichen. So schnell geht das.(...)

Und wenn man im Browser das Stopp-Zeichen zu sehen bekommt, hat man ordentlich Ärger an der Backe. Nach dem heute beschlossenen Entwurf verhält es sich also

(...) dass die über die Stopp-Seite ausfindig gemachten Straftäter verfolgt und anklagt werden. Der Entwurf sehe daher vor, dass es für die Strafverfolger möglich sei, "in Echtzeit" direkt beim Provider auf die IP-Adressen der "Nutzer" des virtuellen Warnschilds zuzugreifen. Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn er nicht nachweisen könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe.

Ich rekapituliere: Jeder, dessen Broswer eine Seite, die auf einer geheimen Liste steht, die nach o.a. Angaben nicht unbedingt nur KiPo enthalten muss, was aber niemand verifizieren kann, anfragt, ist also schon ein Straftäter und muss seine Unschuld beweisen. Oder anders formuliert (und beim antiterrorblog geliehen):

Man darf auf keinen Link klicken, der auf der Sperrliste des BKAs steht. Ob dieser darauf steht oder nicht, kann man aber gar nicht wissen, weil diese Liste geheim ist. Wenn man es schließlich doch erfährt, weil man auf die Stoppseite gerät, hat man sich bereits strafbar gemacht.

Ebenfalls bemerkenswert ist, dass die bislang angedachte DNS-Sperre nichts anderes ist, als eine Nebelkerze: Nach dem heute beschlossenen Entwurf dürfen Provider auch gerne zu anderen, wirkungsvolleren Mitteln greifen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis es also auch hier wie schon in England zum Einsatz von Zwangsproxies kommen wird.

Warum also die umfassende Überwachung aller Internetnutzer (bzw nur 97% der Nutzer, wie Frau von der Leyen bedauert) lediglich Provider mit mehr als 10.000 Kunden betrifft und Universitäts- und Behördennetze sowie eben Provider mit 9.999 Kunden und weniger ausnimmt, wird nicht ganz klar. Kosten/Nutzenaufwand, na klar. Wo Grundrechte mal eben überrannt werden, sind Kostenargumente dann doch nicht zu überwinden, oder wie? Ich finde es ausserordentlich interessant, dass also 97% der deutschen Internetnutzer nun ständig mit der Gefahr leben sollen, ins Visier der Fahndung zu geraten, weil sie den falschen Link klickten. Betimmt wird niemand, der ernsthaft auf der Suche nach dem Dreck ist, sich in ein Universitäts-WLan einklinken oder sich Zugang zu einem Bibliotheksrechner verschaffen. Never.

Nachtrag:

Teil B, Abschnitt IV "Zu Artikel 3 Evaluierung":

(...) Dieser Bericht wird (...) auch die Frage zum Gegenstand haben, ob Telemedienangebote, die Jugendpornographie nach § 184c des Strafgesetzbuches enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen, zukünftig in das Sperrverfahren einzubeziehen sind.

Wir erinnern uns - Pornodarsteller, die schon längst volljährig sind, aber so aussehen, als wären sie unter 18, fallen unter diesen "Jugendpornographie" Paragraphen, ebenso wie zb manche zeichnerische Darstellung in Manga-Comics.

Zieht Euch warm an da draussen.