Sehr lesenswerter Kommentar-Artikel in der Zeit Online, der hinterfragt, was hinter dem scheinbaren Abtauchen der Politik derzeit stecken könnte

(…) in all das hinein soll nun die Politik ihre ehrliche, ungeschönte Weltbestandsaufnahme geben? Die sähe, knapp gefasst, so aus: Es ist, als hätte irgendjemand das Kommando gegeben, dass nun alle gekränkt sind und wütend werden, dass eine große kulturelle Regression beginnt, dass die Autoritären in Moskau, Ankara und Peking noch autoritärer werden, die Fundamentalisten noch fundamentalistischer, die Terroristen noch brutaler. Zugleich war die Kluft zwischen den USA und Europa noch nie so groß wie heute (…) die EU selbst ist von Süden und von Osten her einem immensen Außendruck ausgesetzt, (…); China ist ein ungeheuer starker Konkurrent, (…) auch er ist politisch labil, keiner weiß, wie lange das Einparteiensystem noch hält; die USA haben im Mittleren Osten ein totales Chaos hinterlassen (…) Wir werden mit den Folgen dieser Politik mehr zu tun haben als die USA. Deutschland hat sich eben erst damit abgefunden, ein Einwanderungsland zu sein, da muss es schon Flüchtlingsland werden. Auch Russland ist nun mehr und mehr Sache der EU. Nicht zuletzt darum muss die Bundeswehr, die eben noch auf globale Einsatzfähigkeit umgerüstet werden sollte, nun auch noch ihre Fähigkeit zur Landesverteidigung massiv stärken. (…) Der gern vergessene Klimawandel ist derweil keineswegs gestoppt, er bringt uns unter anderem mehr Flüchtlinge ins Land. (…) Eine bemerkenswerte – und beunruhigende – Diskrepanz entsteht zwischen dem, was in allen Nachrichtensendungen berichtet wird, und dem, was die politische Klasse kommuniziert. Auch das verbreitete verschwörungstheoretische Grundgefühl, dass "die da oben" uns sowieso nicht die ganze Wahrheit sagen, bekommt durch die diskursive Schonhaltung der Politik immer neue Nahrung.
Zeit Online

Das macht sehr nachdenklich, auch und vor allem der Abschnitt über die "Generation" der nun 45 bis 65jährigen, die quasi in einer Watteverpackung groß geworden sind und nun ungläubig vor dem Backlash in längst tot geglaubte Territorialkonflikte und Säbelrasseln stehen. Der Mauerfall, das einige Europa… könnte sich nach dem - historisch gesehen - äusserst kurzem Zeitraum von 25 Jahren dann doch nicht als Aufbruch in eine neue, vernünftigere Ära herausstellen.