(…) das grösste Problem besteht darin, dass das, was wir «Realpolitik» nennen und was nahezu alle Politiker betreiben, dass das in Wahrheit keine Realpolitik ist. Realpolitik bedeutet heute, das zu machen, was gerade opportun ist – ohne strategisches Verständnis dafür, was das mittel- oder langfristig bedeutet. Das kann sehr gut dazu führen, dass wir in eine völlig falsche Richtung laufen. Nehmen Sie den Hyperkonsum als Beispiel: Man betreibt die totale Ausplünderung sämtlicher Ressourcen der Welt, damit wir unsere Wohnzimmer mit Dingen vollstellen können, von denen wir nicht einen Fünftel brauchen. Daran festzuhalten, ist keine Realpolitik; real wäre die Feststellung, dass der ganze Planet zugrunde geht. Und doch lautet die Losung jeder Partei, egal, ob sie links oder rechts steht: «Wir brauchen Wirtschaftswachstum.» Wie Lemminge laufen sie alle in dieselbe Richtung, und das Irrste ist, dass als irr gilt, wer die Richtigkeit dieser Richtung und also die vermeintliche Realpolitik infrage stellt.

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