Jetzt also ?

Hm.

Ich finde es ja einerseits gut, dass endlich (endlich?) mal die Diskussion darüber aufkommt, was Facebook (hier stellvertretend für alle Datenmolkereien genannt) so eigentlich als Geschäftsmodell entwickelt hat.
Andererseits geht mir die Kritik an der massiven Profilisierung noch nicht weit genug; immerhin ist Facebook in der Lage, über jeden Besucher einer Webseite, die entweder Facebook Trackingpixel enthält, oder den Facebookcode für Likebuttons oder "Facepiles" einbindet, Informationen einzusammeln und als "Schattenprofile" anzulegen, inklusive der Historie der so besuchten Seiten. Zusammen mit Erwähnungen aus Beiträgen angemeldeter User, E-Mailadressen aus deren Adressbücher, IP-Adressen und Browserfingerprints lassen sich auch Nicht-Facebook-Mitglieder profilisieren.

Statt -- also der Aufforderung, den eigenen Account zu löschen -- halte ich es für wichtiger, dass diese ganzen Trackinghilfen, getarnt als Like-Buttons, Facepile-Einbindungen, oder gantz offensichtliche Tracker wie der "Facebook Pixel" kritisch hinterfragt und gelöscht werden. Hier sehe ich die Webseitenbetreiber, aber auch die "Webworker" in der Pflicht.

Ich weiss aus jahrelanger eigener Erfahrung, wie schwierig und teilweise auch nutzlos Diskussionen um Sinn und Unsinn dieser Tools mit Auftraggebern sind, vor allem, wenn "Online Marketing Experten" das Blaue vom Himmel herunterversprechen, wie toll man doch mit der Spitze des Dateneisbergs, auf den man dann blicken darf, arbeiten kann. Aber man darf nicht locker lassen. Und wie gesagt, hier geht es nicht nur um Facebook, sondern generell um alle Embeds und Services, die per Einbettung auf einer Webseite Zugriff auf die Besucherdaten bekommen. Google Webfonts, Javascript-Libraries auf CDNs, Youtube/Vimeo Embedcodes, Twitter Tweet Embeds, Google Tagmanager, natürlich Google-Analytics, um nur mal einige zu nennen.

Und so lästig es im Moment in anderer Beziehung ist: mit der langsam einsetzenden Kundenpanik wegen der europäischen Datenschutzgrundverordnung und der damit verbundenen Notwendigkeit der Datenschutzerklärung kann man sehr gut ansetzen, um den Sinn solcher Helferlein zu diskutieren.

Ich hatte kürzlich einen (gar nicht so kleinen) Kunden, der rigoros sämtliche Webstatistiktools von seiner Seite geschmissen hat - "wir nutzen das eh nicht wirklich" - weil ihm die notwendigen Angaben und Anpassungen und vor allem das Überlegen, was denn nun eigentlich genau alles mit den Daten passieren könnte, zu nervig war. Und Daten, die man erst gar nicht erhebt, können auch nicht missbraucht werden. #gehtdoch

Aber weil das Universum stets um Ausgleich bemüht ist, habe ich auf der anderen Seite einen Kunden, der sich seit Jahren beratungsresistent zeigt und seine Seite mit allem, was bei drei nicht auf dem Baum ist, per externen kostenfreien Services zupflastert (Like/Sharing buttons, Supportchat, Webfonts, Newsletter-Intersticials etc pp) - bei vielen Sachen aus der Motivation raus, "dass man das doch so hat". Und natürlich wollen die es via Googleanalytics GANZ genau wissen. #gehtdochnicht

Ich hatte da letztes Jahr schon mal kurz darauf rumgekaut; wenn "Nutzerdaten" von gewinnorientierten Unternehmen als Rohstoff abgebaut werden, und man sich anschaut, was bei der Gewinnung von anderen Rohstoffen so alles kaputt geht, was heisst das für diese "digitale Umwelt" in der wir uns bewegen?

(...) if data is the new oil, then we, the people, the users, are the environment in which the oil is sourced, and why on earth should "corporate" suddenly treat this environment in a respectful and sustainable way? When it proved over a century that ultimately the maximum exploitation of the providing environment is key?

Sehr spannend das alles gerade.